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Du bist 0 Jahre alt

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Ansprache an die Konfirmandinnen und Konfirmanden und die Anwesenden
bei der Konfirmation 2019 in der Ev. Marienkirche Niederweidbach:

Liebe Konfirmandinnen und Konfirmanden, Sie alle, die Sie da sind.

Heute bist du 14 Jahre alt und wirst konfirmiert.
Das ist Teil eines evangelischen Lebens.

Evangelisches Leben, das kann etwa so aussehen:


• Du bist 0 Jahre alt und deine Eltern bitten, dass wegen deiner Geburt die Kirchenglocken läuten – und es läutet für dich.

• Du bist 1 Jahr alt und du wirst getauft.

• Du bist 2 Jahre alt und dein Vater oder deine Mutter geht mit dir in die Krabbelgruppe.

• Du bist 3 Jahre alt und du bist mit im Gottesdienst und du nimmst erstmals am Abendmahl teil.

• Du bist 4 Jahre alt und du kommst erstmals zum Dorfadvent im Pfarrhausstall und futterst dich mit Keksen voll.

• Du bist 5 Jahre alt und du kommst in den Kindergottesdienst.

• Du bist 6 Jahre alt und da kommst du in die Schule und hast Religionsunterricht.

• Du bist 7 Jahre alt und du machst beim Krippenspiel mit.

• Du bist 12 Jahre alt und kommst in den Konfirmandenunterricht

• Du bist 13 Jahre alt und du fährst mit deiner Konfirmandengruppe zum ersten Mal auf den Kirchentag.

• Du bist 14 und du wirst konfirmiert. Gottes Segen wird dir zugesprochen. An deine Taufe wird erinnert. Das erste riesig große Familienfest für dich. Neue Klamotten und Schuhe. Alles dreht sich um dich. Du bekommst viele Geschenke und Geld – und ein Fotoalbum mit Bildern aus der Konfizeit.

• Du bist 14 und du chillst mit deinen Freunden in unserer Jugendgruppe.

• Du bist 15 und fährst bei der Jugendfreizeit des Dekanats nach Denia mit.

• Du bist 16 und du bist Sängerin oder Gitarrist der Band der Kirchengemeinde, die jetzt gegründet werden soll.

• Du bist 16 und du darfst zum ersten Mal wählen, bei der Wahl zum Kirchenvorstand unserer Kirchengemeinde 2021.

• Du bist 17 und du merkst: Die wollen mich, ich gehöre dazu. Die wollen, dass ich mitdenke und wenn ich was rede, dann bewirkt und verändert das was.

• Du bist 18 und hast den Führerschein. Du fährst einmal im Monat mit anderen zu den Dekanatsjugendgottesdiensten.

• Du bist 19 und du folgst der Kirchengemeinde schon seit Jahren auf Instagram und likst die Beiträge.

• Du bist 20 und du bist in Frankfurt beim Konzert in der Festhalle und der letzte Zug in der Nacht ist weg. Du kannst in der Bahnhofsmission am Hauptbahnhof übernachten.

• Du bist 21 und du entscheidest dich endlich für den Kirchenchor wegen der Spirituals.

• Du bist 22 und du bist beim Gottesdienst am Backhausfest und du singst laut mit: Einfach spitze, dass du da bist. Das tut dir gut, denn du hast gerade Liebeskummer.

• Du bist 23 und du wirst Pate, Gesprächspartner für ein Kind in Lebensfragen und Glaubensfragen.

• Du bist 24 und du fängst im Beruf an. Du bekommst Lohn und Gehalt – und jetzt beteiligst du dich erstmals finanziell an der Kirchengemeinde.

• Du bist 25 und dein Blick fällt auf die Konfirmationsurkunde. Und das gibt dir Hoffnung, denn die ersten Monate im Job waren echt hart.

• Du bist 26 und du siehst eine Stellenausschreibung der Kirche. Kirche und Diakonie ist in Deutschland der zweitgrößte Arbeitgeber nach dem Staat.

• Du bist 27 und im Gottesdienst am Heiligen Abend knallt es dir wie vor den Kopf: Jesus ist Mensch gewesen, er hat als Mensch Schmerzen und Freude und Party erlebt wie du gerade.

• Du bist 28 – also doppelt so alt wie bei der Konfirmation – und du blätterst durch das Fotobuch, das du bei der Konfirmation bekommen hast und du denkst: Meine Güte, was hatte ich damals für Klamotten an.

• Du bist 29 und liest den Gemeindebrief und freust dich, dass nicht nur du drin bist, sondern dass du 60 Prozent der abgebildeten Leute kennst.

• Du bist 30 und du heiratest. Ein riesengroßes Fest in der Kirche, er in schwarz, sie in weiß und vor der Kirche hier ist der erste Teil des Sektempfangs.

• Du bist 31 und dein erstes Kind wird geboren.

• Du bist 32 und dein erstes Kind wird im See getauft.

• Du bist 33 und bist mit deinem Kind in der Krabbelgruppe.

• Du bist 34 und kommst zum Dorfadvent im Stall – und kippst dich mit Glühwein voll – und fütterst dein Kind mit Keksen.

• Du bist 35 und du schickst dein Kind in den Kindergottesdienst.

• Du bist 36 und du fährst zum ersten Mal mit deiner Familie mit beim Familienwochenende unserer Kirchengemeinde nach Heidelberg.

• Du bist 37 und du bist beim Osterfrühstücksgottesdienst und kleckerst dich mit Marmelade voll.

• Du bist 39 Jahre alt und du hast Silberne Konfirmation. Und du denkst: Hilfe nein, so alt schon, bald 40.

• Du bist 40 Jahre alt und du kletterst mal wieder auf den Kirchturm der Marienkirche. Da warst du lange nicht.

• Du bist 41 und du fährst zum ersten Mal mit zur Städtereise unserer Kirchengemeinde nach Paris.

• Du bist 42 und du musst beruflich nach Dubai. Am Frankfurter Flughafen gehst du in die Flughafenkirche und du sprichst noch ein Gebet, dass die Geschäfte dort gut verlaufen.

• Du bist 43 Jahre alt und dein Kind kommt in den Konfirmandenunterricht.

• Du bist 44 und bist beim Elternstammtisch der Konfirmandeneltern am Aartalsee dabei. Es gibt Bier und die Nilente schaut zu.

• Du bist 45 und du mietest das Gemeindehaus für die Konfirmation deines Kindes.

• Du bist 46 Jahre und dein Vater stirbt. Du wirst begleitet und es gibt eine Trauerfeier, die das Leben deines Vaters würdigt und dir Hoffnung gibt.

• Du bist 47 Jahre alt und du machst im Dekoteam der Kirchengemeinde mit beim Vorbereiten der Gemeindefeste.

• Du bist 50 Jahre alt und du mietest unser Gemeindehaus für deine Geburtstagsparty.

• Du bist 52 und musst ins Krankenhaus. Die Krankenhauspfarrerin kommt.

• Du bist 53 und du machst eine Kreuzfahrt durchs Mittelmeer und an Bord ist ein evangelischer Bordpfarrer, mit dem du über Gott und die Welt schwätzen kannst.

• Du bist 55 und du betrittst im Urlaub eine Kirche und du merkst wieder einmal, wie dankbar alles gesehen werden muss. Du entzündest eine Kerze und sprichst ein Gebet.

• Du bist 57 und du kannst deine Mutter nicht mehr allein pflegen. Die Diakonie kommt zweimal am Tag und packt mit an.

• Du bist 62 und deine Enkelin wird getauft.

• Du bist 64 Jahre alt und du hast Goldene Konfirmation.

• Du bist 65 und du trittst in den Ruhestand. Du beteiligst dich jetzt nicht mehr finanziell an der Kirchengemeinde.

• Du bist 66 und du kommst zum Café International. Dein Ruhestand gibt dir endlich mehr Zeit für dein freiwilliges Mitmachen in der Kirchengemeinde.

• Du bist 67 Jahre alt und singst immer noch im Kirchenchor

• Du bist 68 Jahre alt und bist im Frauenkreis.

• Du bist 70 Jahre alt und isst dein Mittagessen mit all den anderen beim Miteinander Mittagessen.

• Du bist 74 Jahre und hast Diamantene Konfirmation.

• Du bist 76 und deine Enkelin wird konfirmiert.

• Du bist 80 und du gehst ins Café Vergissmeinnicht.

• Du stirbst. Du wirst kirchlich bestattet. Deine Kinder und Enkel werden begleitet und es findet ein Gottesdienst statt, der dein Leben würdigt und der den Kindern und Enkeln Hoffnung gibt.

• Im Gottesdienst dann wird dein Name genannt und für die gebetet, die um dich trauern.

• Du hast 80 Jahre gelebt und 40 Jahre davon dich finanziell an der Kirchengemeinde beteiligt und dein Glauben, und die Hoffnung und das Miteinander in Gemeinschaft hat dich reich gemacht und gestützt.

• Und das war schon vor dir so – und das wird nach dir sein.

Kirchengemeinde, das ist eine
Lebensbegleitung,
Lebensgemeinschaft ,
das ist evangelisches Leben.

Im Konfirmationsgottesdienst wurde dann das Glaubensbekenntnis
gesprochen:

Ich glaube an Gott den Vater...




Veröffentlicht in: Miteinander. Gemeindemagazin der Ev. Kirchengemeinde Niederweidbach Nr 75 (Ab September 2019), 10-13.

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