Historismus: Neogotik, Neoromanik, Neorenaissance, Neoklassizismus etc. (in Deutschland 1820-1910/1940)
Der Historismus ist ein selbständiger Zeitstil, er begann ca. 1820. Man blickte zurück, die Elemente der vergangenen Baustile wurden eklektizistisch zusammengesetzt. Die Gotik galt als das Ideal des Kirchenbaus, aber auch die anderen Baustile der Vergangenheit wurden neu aufgelegt: Neogotik, Neoromanik, Neorenaissance und Neobarock. In der Neogotik wurde häufig die Innenausstattung der Kirchen z.B. beim Schnitzwerk an dieFormgebung der gotischen Außenarchitektur angelehnt. Ab 1890 traten neue Elemente in den Kirchenbau und man wandte sich vom Historismus ab.
» Edinburgh, St. John the Evangelist
frühes 19. Jh.
» Roth, Evangelische Kirche
1823.
» Stöcken, Dorfkapelle
(im Hohenloher Freilandmuseum Schwäbisch-Hall) katholisch. 1834. Zunächst Kapelle für private Andachten, 1884 Erlaubnis für Gottesdieste. Saalbau mit 3/8 Chorschluss.
» Fürth, St Michaelskirche
evangelisch. Innenrenovierung um Stil der Neugotik 1815/1830. Ursprünglich eine Wehrkirche. Langhaus um 1100. Turm, Westportal, Südeingang gotisch um 1400. Chor um 1480. - » Decke Chor
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» Luino, SS. Pietro e Paolo
katholisch. Die heutige Kirche wurde wohl bis 1839 klassizistisch gebaut und gestaltet. » Decke Chor
- » Kuppel
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1840
» Großaltenstädten, Evangelische Kirche
Schiff 1841.
Römerberg-» Berghausen, St. Pankratius
katholisch. 1841, 1929 erweitert (Fenster, Alttarraum).
» Bermoll, Evangelische Kirche
1847. Historismus: klassizistisch. Dorische Kapitelle.
» Indemini, S. Bartolomeo
katholisch. Die heutige Kirche Mitte 19. Jahrhundert. » DeckeChor
- » Decke Schiff
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1850
» Römershausen, Evangelische Kirche
1856. Erste Kirche an dieser Stelle im 13. Jahrhundert.
1861: Eisenacher Regulativ. Im Eisenacher Regulativ wurden Reformideen des evangelischen Kirchenbaus zusammengefasst. Die Regelkirche sollte eine Rechteckkirche sein mit Apsis und einheitlichem und kreuzförmigen Grundriss. Der Chor im Osten ist erhöht, Eingang und Orgel sind im Westen. Die Kanzel ist am Chorbogenpfeiler. Wenn ein Zentralbau gewählt wurde, dann hatte er achteckig zu sein. Die 16 Sätze wollten den Kirchenbau normen. Als Ideal galt ein mittelalterlicher Baustil.
» Marazion, All Saint´s
1861, viktorianisch. Architekt J Piers St Aubyn. Dies ist die dritte Kirche an dieser Stelle.
» Ehringshausen, Evangelische Kirche
Neugotik. 1866 erbaut.
1870
» Amöneburg, Pfarrkirche St. Johannes der Täufer
katholisch. 1865-1871. Auf der Amöneburg gründete Bonifatius 721 sein erstes deutsches Kloster. Von hier aus missierte er (Nord-)Hessen.
» Geißelhardt, Evangelische Kirche
1873-1875. Sandsteinquader. Rundbogenstil. Historismus. Der Stil erinnert etwas an Kameralamtsstil der königlich-württembergischen Finanzverwaltung für evangelische Kirchen der Zeit nach 1800, weicht aber auch deutlich von diesem ab. » Decke Schiff
- » Decke Chor
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» Oberdieten, Evangelische Kirche
1879.
1880
» Rom, All Saints Church
anglikanisch. Ab 1880 erbaut. Architekt: G.E. Street. Stil: Historismus: Viktorianische Gotik. » Decke
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» Frankfurt, Dreikönig
1881.
» St. Mawes
1882 erbaut.
» Bottenhorn, Evangelische Kirche
1885-1887.
» Oberrot, Bonifatius-Kirche
evangelisch. 1887 nach Plänen von Heinrich Dolmetsch im Stil des Historismus umgebaut. 1955 übermalt. 1992-1994 restauriert im Stil von 1887. Doppelempore. Älteste Bauteile 10. Jahrhundert. Dolmetsch war einer der meist beschäftigten Kirchenbauarchitekten im Königreich Württemberg. » Decke Schiff
- » Decke Chor
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» Berlin, St. Hedwigs-Kathedrale
katholisch. 1883-1887 und 1952-1963 nach dem Vorbild des Pantheon in Rom mit Ober- und Unterkirche.
» Bielefeld-Bethel, Zionskirche
evangelisch. 1884. Diese Kirche erinnert stark an englisch-anglikanische neogotische Kirchen. Taufengel rechts vom Triumphbogen. Tisch mit Stühlen am Eingang. Kinderspielecke in der Kirche. » Decke Schiff
- » Decke Verung
- » Decke Chor
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1890
» Langeoog, Inselkirche
evangelisch. Einweihung: 29. Juni 1890. Historistische Backstein-Neugotik. Saalkirche. Offene Dachkonstruktion. Bei der Renovierung 1987-1989 wurde in Manchem der Zustand von 1890 wieder hergestellt. Das Altarretabel ist von 1989, es stammt von Hermann Buß aus Norddeich und ist im Stil der Neuen Sachlichkeit. Die Elemente: Schiff, Meer, Himmel und Tisch. » Decke Schiff
- » Schiff im Schiff
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» Biedenkopf, Evangelische Stadtkirche
1888-1891 neugotische Hallenkirche. An die Stelle der mittelalterlichen gotischen Johannis-Kirche gebaut. Architekt J.H.F. Adler aus Berlin. » Decke Chor 1
- » Decke Chor 2
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» Bad Homburg, Katholische Pfarrkirche St. Marien
1892-1895. Architekt Dombaumeister Ludwig Becker.
» Gießen, Johanneskirche
evangelisch. 1891-1893. Historismus: Formen der Gotik und Renaissance. Architekten H. Grisebach und A. G. Dinklage. » Decke Chor
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» Saarbrücken, Johanneskirche
1894-1898.
» Schwäbisch-Hall, St. Katharina
evangelisch. Heutige Kirche neugotisch errichtet 1896-1898. Architekt war der Stuttgarter Kirchenbaumeister Heinrich Dolmetsch. Erste Kirche an dieser Stelle vielleicht im 10. Jahrhundert. Erweiterungen und Veränderungen 1230/1240, 1363.
» Berlin, Dom
1894-1905 im Stil der italienischen Hochrenaissance.
» Connel, St. Oran´s Chapel
1888.
» Friedberg, Marienkirche
katholisch. 1881-1889. » Decke
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» Kronstadt, Mariä Himmelfahrt
orthodox, 1895-1899. Länge: 27 Meter. Breite: 12,50 Meter.
1891: Wiesbadener Programm: Das Wiesbadener Programm war eine Reaktion auf die starren Regeln des Eisenacher Regulativs. Das Wiesbadener Programm sieht die Kirche als Versammlungsraum. Im evangelischen Kirchengebäude soll das Priestertum aller Getauften zum Ausdruck kommen. Predigt, Abendmahl und Gesang sind eine Einheit. Daher sollen Altar, Kanzel und Orgel in einem einheitlichen Kircheninnenraum zentral angeordnet sein. Die Funktion des Gebäudes soll die Architektur bestimmen. Kanzel, Altar (z.B. als Kanzelaltar) und Orgel sollen im Chorraum zusammen aufgestellt werden. Im Wiesbadener Programm klingen Gedanken des barocken Kirchenbaus an.
» Zürich, Liebfrauen katholische Pfarrkirche
1892-1894. Historismus. Die Kirche ist die Nachbildung einer altchristlichen Basilika nach italienischen Vorbildern.
» Lützellinden, Evangelische Kirche
1893 (Ostteil, Querhaus, Chor). Älteste Teile mittelalterlich, im 16., 17. und 18. Jahrhundert Erneuerungen.
» München, St. Lukas
evangelisch (Mariannenplatz) Grundsteinlegung 1893, Einweihung am 1. Advent 1896. Die größte evangelische Kirche Münchens. Architekt: Albert Schmidt. Historismus. Der Stil hat enthält Romanik und Gotik, aber auch orientalische, spätgotische, frühklassizistische Elemente. Der Dom in Berlin, die Ringkirche in Wiesbaden und diese Kirche bilden eine Art. Innen werden damalig aktuelle aber neue Gedanken zum Gottesdienst architektonisch umgesetzt: Die Kirche ist Versammlungsort für die feiernde Gemeinde, die Einheit der Gemeinde wird betont, alle können den Altar sehen, das Abendmahl kann im Kreis um den Altar gefeiert werden. Der Innenraum zeigt eine Weitläufigkeit durch die Melonenkuppel über dem Zentralraum. Beim 2. Ökumenischen Kirchentag 2010 hing die Kugel in der Kirche, 4 Meter Durchmesser. Videoprojektoren strahlen auf die Kirche. Ein Kunstprojekt von Maria und Neda Ploskow. » Chor Decke
- » Kuppel
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» Chiddingstone Causeway, St. Luke
Church of England. 1898.
1900
» Rom, S. Anselmo All´ Aventino
katholisch. 1893-1900. Entwurf: Ildebrando de Hemptinne. Historismus: Lombardische Romanik. » Decke Schiff
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» Rüsselsheim, Kirche St. Georg
katholisch. Neogotik. Grundsteinlegung 1902.
» Wiesenbach, Evangelische Kirche
1903.
» Koblenz, Herz-Jesu-Kirche
katholisch. 1900-1903, Neuromanik. Die Pläne stammten von Ludwig Becker. 1944 zerstört, 1952/1953 Wiederaufbau. » Kuppel
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» Nürnberg, St Elisabeth
katholisch. Innenausbau der historistisch-klassizistischen Kirche 1902/1903. » Kuppel
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» Heppenheim, St. Peter
katholisch. 1900-1904. Neugotik. Architekt Prof. Ludwig Becker (Mainz). Vorgängerbauten seit 755. Dreischiffige Basilika mit Ostquerhaus. Maßwerk und Fensterrose. » Decke Vierung
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» Bad Nauheim, St. Bonifatius
katholisch. 1904/1905.
» Bad Nauheim, Dankeskirche
evangelisch. 1904-1906. Neugotik. Baustoff: Vogelsberger Basalt. Walcker-Orgel (1965). » Decke Vierung
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» Hermannstadt Orthodoxe Kathedrale zur Hl. Dreifaltigkeit
1902-1906. Der Bau erinnert an die Hagia Sophia. Durchmesser der Kuppel: 15 Meter. Sitz der Metropolie Siebenbürgens. » Ikonostase 1
- » Ikonostase 2
- » Altar
- » Kuppel
- » Decke Schiff
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» Glenfarg, Arngask Parish Church
Church of Scotland. 1908.
» Bad Homburg, Erlöserkirche
evangelisch. 1903-1908. Erbaut von Franz Schwechten nach Plänen von Spitta. Gefördert von Kaiser Wilhelm II.
» Decke Chor
- » Decke Schiff
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» München-Sendling, St. Margaret
katholisch (Margaretenplatz) 1901-1913. Historismus: Stil des italienischen Barock (Vorbild Il Gesu in Rom?). Architekt: Michael Dosch und ab 1910 Boemmel.
» Ballersbach, Evangelische Kirche
(ehemals St. Antonius) Nach einem Blitzschlag 1912 wurde die heutige Kirche 1914-1916 eingerichtet, älteste Teile 3. Viertel 13. Jahrhundert. Bei der Neueinrichtung wurde die Ostung des Chorraums im eine Westung verändert. Dabei fand man bemerkenswerte Mandmalereien, zweite Hälfte 15. Jahrhundert. Renovierung der Kirche 1992.
Jugendstil (1890-1910):
Ab ca 1890 erschienen neue Elemente in der Kunst als Versuch einer Antwort auf den Historismus. Ornamente gehörten zu diesem Stil. 1896 erschien in Deutschland die Zeitschrift "Die Jugend", die zum Namensgeber des neuen Stils wurde. In Frankreich hieß der Stil Art Nouveau, in Österreich Secessionsstil. Jugendstilkirchen sind selten.
» Worms, Lutherkirche
evangelisch. 1910-1912. Architekt Friedrich Pützer aus Darmstadt im Stil des Darmstädter Jugendstils. Das durchgängige Kennzeichen der Kirche ist die achteckige Lutherrose. Die Innenraumgestaltung folgt dem „Wiesbadener Programm“ von 1891, die Kirche ist als Versammlungshaus für die Gemeinde verstanden. Es gibt keine Trennung von Schiff und Chor. Im Blickpunkt liegt der Altar, der als Kanzelaltar beide Verkündigungsstätten einschließt. Der Kanzelaltar ist mit der darüber liegenden Orgel und der Sängerbühne zu einer optischen Einheit verbunden, die auch dem Zusammenspiel der gottesdienstlichen Akte entspricht. Die gestufte Empore an den Seiten und über dem Eingang rundet den Raum nach oben ab. Darüber wölbt sich in Tonnenform eine stuckierte Decke mit geometrischen Ornamenten. Dem Kirchenraum ist ein abgetrennter Teil vorgelagert, der als Taufkapelle gedacht war: die Taufe in liturgischer Symbolik als Eingangsstufe zur Aufnahme in die Christengemeinde. Der von einer Balustrade eingesäumte Freiraum vor den Portalsäulen sollte vor oder nach dem Gottesdienst den Besuchern zum Gedankenaustausch Gelegenheit geben. Restauration 1962/1963, dabei einige Veränderungen. Dem liberalen Denken der Zeit fehlte ein Kruzifixus. Der Darmstädter Goldschmied Ernst Riegel schuf das mit Amethysten besetzte Altarkreuz, das Altargitter, das Taufbecken mit Taube und Hängeleuchter, das Antependium mit der Lutherrose sowie das Taufbecken. Von Ludwig Habich stammt das Bronzerelief über der Tür zum Turm.
» Hermannstadt, Evangelisch-lutherische Johanniskirche
1912. Architekt: J. Bedeus von Scharberg.
» Berghofen, Evangelische Kirche
1912/1913. Architekt: Ludwig Hofmann. Barockisierende Form.
» Rom, Christuskirche
evangelisch-lutherisch 1911-1922. Franz Schwechten, der Lieblingsarchitekt Kaiser Wilhelms II., entwarf diese Kirche. Ein wilhelminischer Prachtbau. Das evangelische Deutschland sorgte für die Einrichtung: Die Gustav-Adolf-Frauenvereine der Lutherstädte stifteten Taufbecken (Mansfeld), Altar (Erfurt), Kanzel (Magdeburg) u.a. Das Geläut ist ein Abguss des Geläutes der Wittenberger Schlosskirche. Die Reformation soll so in Rom läuten.
» Apsis
- » Decke
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