100 Jahre Ev. Gemeindehaus
Ort der Diakonie und des Gemeindelebens
Abgedruckt in: Miteinander. Gemeindebrief der Evangelischen Kirchengemeinde Niederweidbach Nr. 60. Ab. Februar 2012, 26-28.
In diesem Jahr wird das Gemeindehaus bzw. Schwesternhaus in Niederweidbach 100 Jahre alt. Dies werden wir feiern mit einem Gemeindefest und einem Tag der Mission und Diakonie am 19. August 2012 rund um die Marienkirche.
Die Bedeutung des Gebäudes für unsere Kirchengemeinde ist kaum zu überschätzen. Damit die Gemeindeveranstaltungen nicht im Schulhaus und nicht im Gasthaus stattfinden mussten, wurde das Gemeindehaus nötig. Außerdem brauchte die Gemeindeschwester, die seit 1903 in Niederweidbach stationiert war, eine neue Wohnung.
So wurde seit 1900 gespart, ein Bauplatz im Einvernehmen mit der Kommune gesucht, der bekannte Architekt und Kirchenbaumeister Ludwig Hofmann aus Herborn um einen Entwurf gebeten, die Finanzierung geklärt, am 2. Juli 1911 alles beschlossen und gleich mit dem Bau begonnen. Einweihung war am 14. November 1912. Prominenz kam angereist.
Viele nennen das Gebäude kurz "Schwesternhaus", gebaut wurde es als Gemeindehaus mit Schwesternwohnung und Küchenlokal als Unterrichtsraum für Hauswirtschaft. Dieses Küchenlokal war eine Stiftung des Vaterländischen Frauenvereins.
Wir sind über die Bauplanung, die Baudurchführung und die Einweihung gut unterrichtet. Die Pfarrchronik erzählt auf vielen Seiten viele Einzelheiten. Über die Einweihung liegt ein Zeitungsbericht vor. Über den Architekten Ludwig Hofmann erschien 2010 eine dicke Monografie. Die Unterlagen der Renovierungen und Umbauten sind im Archiv der Evangelischen Kirchengemeinde zu finden. All dies wird derzeit ausgewertet, es ist eine kleine Festschrift geplant, denn das Gebäude hat die Kirchengemeinde und die Gemeindearbeit verändert und bereichert.
Unmittelbar nach dem Bauende zog die Gemeindeschwester ein, 1912 wurde im Zusammenhang mit dem Gebäude ein Diakonieverein gegründet, 1913 wurde in diesem Haus die kirchliche Jugendarbeit begonnen. Der Konfirmandenjahrgang 1913 wurde vor dem Gebäude fotografiert, nicht vor der Kirche und nicht vor dem Pfarrhaus. Nach dem Krieg waren drei Familien im Gemeindehaus einquartiert.
Das Gemeindehaus war für das Kirchspiel zuständig - und das Kirchspiel bestand bis 1921 nicht nur als Niederweidbach, Oberweidbach und Roßbach, sondern auch aus Bischoffen.
Das Gebäude war der Wohnort der Gemeindeschwestern. Von 1903 bis 1941 kamen die Schwestern vom Paulinenstift Wiesbaden. Als erste zog Schwester Luise ein. Im Nationalsozialismus, als die kirchliche Arbeit und die Diakonie durch das Regime eingeschränkt wurde, stellte das Paulinenstift seine Arbeit in Niederweidbach ein. Nach dem Krieg kamen die Schwestern vom Mutterhaus Frankenstein in Wertheim am Main. Zunächst war es Schwester Magdalene, sie wohnte wegen der Einquartierung jedoch im Pfarrhaus. Von 1950 bis 1974 war Martha Schröder die Gemeindeschwester in Niederweidbach. Sie kam auf tragische Weise bei einem Autounfall ums Leben. Seit 38 Jahren wohnt dort keine Schwester mehr.
Das Gemeindehaus ist von Anfang an der Ort des Gemeindelebens. Dort findet der Kindergottesdienst und der Konfirmandenunterricht statt, dort trifft sich der Kirchenchor und der Kirchenvorstand, dort werden Gemeindefeiern und Familienfeiern gefeiert. Die Liste der Veranstaltungen der Vergangenheit und Gegenwart ist lang: Seegottesdienstvorbereitungstreffen, Bibelstunde, Jugendkreis, Jungschar, Cafe Vergißmeinnicht, Passionsandacht, Vor- und Nachbereitungstreffen, Kirchspielberatungssitzungen, Seniorenadventsfeiern, Frauenkreis, Frühstücksveranstaltungen, Vorträge, Versammlungen, Gemeindeversammlung.
Renovierungen und Umbauten waren 1966, 1971-72 und 2001-02. Heute hat es eine moderne Küche, eine Rampe, eine behindertengerechte Toilette einen Saal und zwei weitere größere Räume. Unten ist ein Jugendraum eingerichtet. An manchen Tagen sind sehr viele Menschen im Haus. ...
Frank Rudolph